Die Besten in Holz 2021 Region Mitte: hochmodern und traditionell zugleich

Alle drei Jahre zeichnet der Prix Lignum die besten neuen Arbeiten mit Holz aus – vom Möbel über den Innenausbau bis zur ganzen Wohnsiedlung. Die rangierten Projekte in der Region Mitte zeigen Holz hochmodern, aber auch traditionell: Der Firmensitz von Swatch in Biel (1. Rang) lotet die Grenzen der digitalen Produktion und Formgebung aus. Geschwungen, aber konventioneller gebaut ist der Kindergarten in Ittigen (2. Rang). Aus dem uralten Bestand entwickelt haben die Architekten schliesslich den Einbau in die Stallscheune im Wallis (3. Rang). Vier weitere Projekte erhalten eine Anerkennung.

Zukunftsweisende Arbeiten mit Holz bekannt machen, das ist das Ziel des Prix Lignum. Der Preis wird in diesem Jahr zum fünften Mal seit 2009 gesamtschweizerisch und in fünf Preisregionen verliehen. Zugelassen waren Bauwerke, Innenausbauten, Möbel und Kunstwerke aus der Schweiz oder dem Fürstentum Liechtenstein, die zwischen dem 1. Januar 2017 und dem 31. März 2021 fertiggestellt wurden.

1. Rang | Digitale Höchstleistung – Swatch-Hauptgebäude, Biel


Swatch-Hauptgebäude, Biel | Bilder: Didier Boy de la Tour

Über acht Jahre plante und baute die Swatch Group an ihrem neuen Hauptsitz in Biel. 2019 wurden die drei Neubauten feierlich eröffnet. Der japanische Architekt Shigeru Ban entwarf zwei Holzgebäude, die sich in den Bestand einfügen: ein Bürohaus für Omega und ein Museum. Für die Uhrenmarke Swatch sollte es medienwirksamer sein. Also plante der Architekt ein 240 Meter langes Gebäude, das sich von der Laderampe bis zum Haupteingang durch den Park windet, die Strasse monumental überdacht und in einen Konferenzsaal im Museumsgebäude mündet. Die Form fällt aus dem Kontext. Doch eine Bedeutung hat sie laut dem Architekten keine. Sie ist viel mehr im Grundstück und in der Konstruktion begründet. Und diese ist eine digitale Meisterleistung. Der Holzbauer Blumer-Lehmann fertigte das Dach als Netztragwerk, in dem alles mit allem zusammenhängt und in dem es keinen rechten Winkel gibt. 4600 unterschiedliche, millimetergenau gefräste Hauptelemente haben die Zimmerleute nach einem ausgeklügelten Prinzip zusammengesteckt. Den längsten Träger flochten sie über 130 Meter durch die Struktur.

Die Schlange ist das aufsehenerregendste Gebäude, das in Biel je gebaut wurde. Es trägt das Holz medial in die Welt hinaus und lockt Touristen wie Mitarbeiterinnen in die Stadt. Mit der ausgeklügelten Dachkonstruktion stösst der Holzbau in neue Sphären der digitalen Planung und Fertigung vor. Das Tragwerk ist eine Sonderanfertigung an der Grenze des technisch Möglichen, das der Holzbaubranche ein neues, prägnantes Image verleiht.

2. Rang | Ruhe und Bewegung – Vierfach-Kindergarten Rain, Ittigen

Neubau Vierfach-Kindergarten, Ittigen | Bild: Alexander Gempeler

Wie müssen Bauten für Kinder beschaffen sein, damit sie zum anregenden Lern- und Spielumfeld werden? Der Kindergarten Rain in Ittigen macht es vor: Das Draussen, Drinnen und Dazwischen bilden ein organisches Ganzes, in welchem das Material Holz einen gewichtigen Part übernimmt, sowohl konstruktiv als auch atmosphärisch.
Der Bau ist eine reine Holzkonstruktion. Er ist vertikal und horizontal klar strukturiert, das Holz innen und aussen so behandelt, dass es zum einheitlichen Erscheinungsbild beiträgt: Die wetterexponierten Holzteile sind farblos druckimprägniert und hell geölt, die übrigen Elemente mit pigmentiertem Öl behandelt. Die Anlage kommt dem haptisch-sinnlichen Erleben der Kinder auf eine angenehm unaufdringliche Art entgegen, ohne kleinmassstäblich zu sein. Das zeigt sich auch in den Details, etwa in den vertikalen Griffen der raumhohen Glastüren oder in den Treppengeländern. Die Ausstattung der Räume ist kindergerecht, aber nicht kindlich. Sie lädt zu vielfältigen Tätigkeiten und Formen der Aneignung ein: Die Fensterbänke werden als Tisch oder Sitzgelegenheit genutzt, die eingebauten Etagenmöbel sind Schlafnische, Ritterburg und Kletterturm.

Trotz schwieriger Ausgangslage haben die Architekten einen stimmungsvollen Ort geschaffen, der Bewegung und Ruhe ausstrahlt. Im Wechselspiel von Innen und Aussen, von geschlossenen, durchlässigen und offenen Räumen schafft der Kindergarten Rain eine Atmosphäre heiterer Geborgenheit: Rational und verspielt zugleich.

3. Rang | Innere Verwandlung – Stallscheune Gluringen


Stallscheune Gluringen | Bild: Markus Käch

Besucherinnen des alten Dorfteils von Gluringen in der Oberwalliser Gemeinde Goms werden kaum erkennen, welches der schönen alten Gebäude entlang der Dorfstrasse umgebaut und nun prämiert wurde. Eigentlich sind es alle, könnten sie sagen. Die gewachsene Dorfstruktur ist ein Jahrhunderte altes Kulturgewächs aus Holz. Wäre da nicht der Wandel in der Landwirtschaft, der die alten braun- und schwarzgebrannten Bauten zu leeren Denkmälern vergangener Tage werden liess.

Dem gebürtigen Gommer und Architekten Roman Hutter ist die Problematik bekannt. Er suchte mit seiner Bauherrschaft die passende Lösung, um die alte Bausubstanz zu transformieren. Mit dem Blick für das grosse Ganze soll im Kleinen möglichst unauffällig Neues in Altes hineinfinden. In die Deutschschweiz ausgewanderte Heimweh-Gommer nutzen das Haus neu als Zweitwohnsitz. Doch von aussen ist der Umbau kaum wahrnehmbar. Dass die Verwandlung des unbenutzten Stalls so zurückhaltend ausfällt, zeugt von der Liebe zur Bausubstanz und Landschaft und zahlt sich für das intakte Dorfbild aus. Der Architekt passt die Zimmer mit grosser Sorgfalt und handwerklichem Geschick in den Altbau ein. Er behandelt den Bestand mit Respekt und integriert das Neue mit einer klaren gestalterischen Haltung. Die Offenheit der Bauherrschaft für diese reduzierte Lösung und der Umgang des Architekten mit diesem Freiraum verdienen einen Preis. Das Projekt zeigt: Wer sensibel vorgeht, kann die leeren Ställe transformieren, ohne gewachsene Strukturen zu zerstören. Diese «kulturelle Vorwärtsbewegung» ist an vielen Orten in der Schweiz dringend nötig.

Vier Anerkennungen

Vier Werke in der Region Mitte würdigt die Jury mit einer Anerkennung für den hochwertigen und zukunftsweisenden Einsatz von Holz:

Schulhaus Seedorf

Die Jury würdigt die städtebauliche Qualität des Projektes und die sorgfältige handwerkliche Umsetzung. Die Architekten gehen behutsam mit dem Bestand um und nutzen die Farbe und Vielteiligkeit des Holzbaus, um an bestehende Themen anzuknüpfen. So finden sie in Holz eine angemessene Antwort auf den alten Massivbau.

Anbau Mehrfamilienhaus, Brügg

Die Architekten gehen gekonnt mit Raumstimmungen um und entwerfen sorgfältige Details. Der Anbau feiert den Holzbau und setzt ihn in Bezug zum gemauerten Bestand. So leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag für die Verdichtung kleinteiliger Wohnquartiere. Es zeigt, dass der Holzbau prädestiniert ist für diese zentrale Aufgabe.

Lokremise, Zweisimmen

Das Gebäude dient dazu, die Schnee-Loks im Winter vor dem Wetter zu schützen. Die Architekten haben diese Aufgabe ungekünstelt und mit zeitgemässer Holzbauweise umgesetzt: Ein zweckmässiger Nebenbau – nicht mehr und auch nicht weniger. Diese Klarheit verdient eine Anerkennung.

Umbau und Sanierung Bueberseeli im Marzilibad, Bern

Die Architekten erweitern das denkmalgeschützte Bad mit Fingerspitzengefühl. Sie denken die Badeanlage räumlich klug weiter, knüpfen an bestehende Themen des Holzbaus an und verbinden Infrastruktur mit Freizeit. Auf den Sitzbänken spüren die Bernerinnen und Berner jeden Sommer die atmosphärische Qualität des Holzes, einem zentralen Material der Schweizer Freibadarchitektur.

Nationale Preise: Gold, Silber, Bronze | Sonderpreis Schreiner

Unter 15 Rängen aus fünf Grossregionen vergibt der Prix Lignum 2021 drei nationale Preise: Gold geht 2021 an die virtuose Wohnüberbauung Maiengasse in Basel, Silber an das beispielhaft nachhaltig konzipierte Landwirtschaftliche Zentrum St. Gallen in Salez. Bronze holt sich eine Aufstockung in Vevey, die zum Wegweiser für ein ganzes Quartier wird. Das genial einfache Regal ‹001›, entworfen vom Studio Noun aus Zürich und gefertigt von Lindauer in Steinen, sowie der feinfühlige Umbau eines Alpgebäudes in St. Antönien von Nickisch Walder Architekten (Flims) mit Schreinerarbeiten von Frischknecht & Schiess (Trogen) tragen im selben Rang den erstmals ausgeschriebenen Sonderpreis Schreiner des Prix Lignum davon.

530 Arbeiten wurden schweizweit eingereicht, aufgeteilt auf fünf Regionen der Schweiz. Pro Region legte eine Jury je einen 1., 2. und 3. Rang sowie eine Anzahl an Anerkennungen fest. Aus den 15 Rängen kürte die nationale Jury Gold, Silber und Bronze sowie aus 165 Eingaben für den Sonderpreis Schreiner zwei Sonderpreise Schreiner ex aequo.

In den aus sechs Personen bestehenden Jurys arbeiteten unabhängige, jeweils aus anderen Regionen stammende Fachleute aller vorkommenden Disziplinen mit. Sie studierten die Arbeiten sorgfältig, inspizierten eine nähere Auswahl vor Ort und nahmen die Jurierung und Prämierung vor. Claudia Cattaneo, Kuratorin, ehemalige Co-Leiterin Gewerbemuseum Winterthur, Zürich, hatte wie im Jahre 2018 das Amt der Jurypräsidentin inne.

Hochparterre-Themenheft zum Prix Lignum 2021
Der Verlag Hochparterre gibt ein Themenheft in drei Sprachen über den Prix Lignum 2021 heraus. Es erscheint als Beilage zum Hochparterre No. 10/2021 und stellt alle 41 Preisträger vor.

Wanderausstellungen in der ganzen Schweiz bis Ende 2022
Alle eingereichten Projekte zum Prix Lignum 2021 werden auf der Prix- Lignum-Website präsentiert. Wanderausstellungen zeigen die Preisträger 2021 ab diesem Herbst bis Ende 2022 in allen Landestei-len. Die Termine dazu finden sich auf www.prixlignum.ch.

Impressionen der Preisverleihung Region Mitte in Bönigen

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